Betreff: Re: Offener Brief zu netzpolitischen Themen
Von: Kontakt <kontakt@vanderbellen.at>
Datum: 01.02.2016 10:13
An: Peter Ludikovsky <peter@ludikovsky.name>

Sehr geehrter Peter Ludikovsky,

vielen Dank für Ihr Schreiben an Alexander Van der Bellen zu wichtigen netzpolitischen Themen.
Gerne übermitteln wir Ihnen - mit besten Grüßen von Alexander Van der Bellen - die Antworten auf Ihre Fragen:

Wie stehen Sie persönlich zu dem kommenden Staatsschutzgesetz? Denken Sie, dass es in seiner derzeitigen Form verfassungskonform ist?

Generell hat der Bundespräsident (nur) das verfassungskonforme Zustandekommen von Gesetzen zu prüfen (also ob alle Verfahrensvorschriften der Gesetzgebung eingehalten wurden). Der entsprechende Art 47 Abs. 1 B-VG lautet:

Artikel 47. (1) Das verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze wird durch den Bundespräsidenten beurkundet.

 

Ob der Bundespräsident darüber hinaus auch die Befugnis hat, bei offenkundigen materiellen Verfassungswidrigkeiten die Beurkundung zu verweigern, ist bei Verfassungsrechtlern umstritten. Der Bundespräsident kann, sofern ein Gesetz verfassungskonform zustande gekommen ist, die Beurkundung aus rein inhaltlichen Gründen nicht verweigern. Was der Bundespräsident natürlich tun kann, ist im Zuge des Gesetzeswerdungsprozesses seine Stimme zu erheben, sei es öffentlich, sei es gegenüber der Bundesregierung hinter den Kulissen, und so seine Meinung äußern und Einfluss üben.

 

Was das Staatsschutzgesetz betrifft,  so gibt es große Bedenken, ob dieses verfassungskonform ist. Das wird vom Verfassungsgerichtshof zu klären sein. Eine entsprechende Klage wurde ja von zwei Parlamentsparteien bereits angekündigt.

 

Was sind Ihre Gedanken zur Vorratsdatenspeicherung? Was sagen Sie dazu, dass Politiker in Europa immer wieder die Einführung selbiger fordern, trotz widersprechender Urteile des EuGH?

Das Urteil des EuGH ist selbstverständlich einzuhalten.

 

Was ist Ihre Meinung zum Thema Netzneutralität?

Van der Bellen spricht sich für ein zensurfreies und neutrales Netz aus.

 

Ende letzten Jahres gab es viel Aufregung um die Aufhebung des sogenannten Safe Harbor Abkommens. Wie denken Sie generell über Datenschutz, beziehungsweise über die Weitergabe von persönlichen Daten?

Für Alexander Van der Bellen ist Transparenz sehr wichtig. Jede NutzerIn muss wissen, welche Daten über sie, wofür und wie lange gespeichert werden. Dafür bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung der NutzerInnen.

 

Immer mehr Firmen, und auch Ihre Kampagne, nutzen verstärkt, beziehungsweise fast ausschließlich, Facebook, um die Menschen zu erreichen. Ist dies Ihrer Meinung nach eine legitime Entwicklung, oder sollte es hier eine Diversifizierung geben?

Alexander Van der Bellen ist die Wahrung der Privatsphäre ebenso wie der Datenschutz sehr wichtig. Eine wichtige Aufgabe eines Bundespräsidenten ist es, für die BürgerInnen erreichbar zu sein und mit den BürgerInnen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Facebook ist eine Möglichkeit, das relativ direkt zu tun, weil sehr, sehr viele Menschen dieses Netzwerk nutzen. Wenn es ein solches gäbe und von vielen genutzt würde, würde Van der Bellen bevorzugt ein Netzwerk nutzen, dass betreffend Datensammlung weniger problematisch ist.

 

MfG
Oliver Korschil
Team Van der Bellen

Am 20.01.16 um 11:55 schrieb Peter Ludikovsky:
Sehr geehrte Dr. Griss!
Sehr geehrter Dr. Van der Bellen!
Sehr geehrter Dr. Khol!

Mit Ihrer Kandidatur um das Amt der/des Bundespräsidenten/-in bewerben
Sie sich als Vertreter Österreichs gegenüber der Welt, und damit auch
als Vertreter des österreichischen Volkes. Ebenso sollen Sie aber auch
die Verfassung, die demokratische Grundordnung, des Staates Österreich
schützen, auch und vor allem vor Gesetzen, die diese schwächen oder
untergraben sollen. Aus diesen Gründen würde mich Ihre Einstellung und
Meinung zu den folgenden Fragen interessieren:

* Wie stehen Sie persönlich zu dem kommenden Staatsschutzgesetz? Denken
Sie, dass es in seiner derzeitigen Form verfassungskonform ist?
* Was sind Ihre Gedanken zur Vorratsdatenspeicherung? Was sagen Sie
dazu, dass Politiker in Europa immer wieder die Einführung selbiger
fordern, trotz widersprechender Urteile des EuGH?
* Was ist Ihre Meinung zum Thema Netzneutralität?
* Ende letzten Jahres gab es viel Aufregung um die Aufhebung des
sogenannten Safe Harbor Abkommens. Wie denken Sie generell über
Datenschutz, beziehungsweise über die Weitergabe von persönlichen Daten?
* Immer mehr Firmen, und auch Ihre Kampagne, nutzen verstärkt,
beziehungsweise fast ausschließlich, Facebook, um die Menschen zu
erreichen. Ist dies Ihrer Meinung nach eine legitime Entwicklung, oder
sollte es hier eine Diversifizierung geben?

Es würde mich freuen, Ihre Antworten zu diese Fragen zu erhalten, da das
Internet, und damit auch die Netzpolitik, ein immer wichtigerer Teil des
öffentlichen Lebens werden. Daher ist für mich, und auch sicher viele
andere, Ihre Einstellung dazu ein wichtiger Aspekt für eine
Wahlentscheidung. Daher muss ich auch darauf hinweisen, dass dieser
Brief, sowie eventuelle Antworten, in meinem Blog [1] veröffentlicht werden.

Mit freundlichen Grüßen,
Peter Ludikovsky, BSc.

[1] https://ludikovsky.name/blog/