Offener Brief an die Kandidaten der Bun­des­prä­si­den­ten­wahl 2016 - Antwort vom Team Van der Bellen

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Nach immerhin 12 Tagen habe ich vom Team Van der Bellen die erste Antwort auf meinen offenen Brief erhalten. Den Text im Original findet man hier, hier die Antwort im Zitat:

Sehr geehrter Peter Ludikovsky,

vielen Dank für Ihr Schreiben an Alexander Van der Bellen zu wichtigen netzpolitischen Themen. Gerne übermitteln wir Ihnen - mit besten Grüßen von Alexander Van der Bellen - die Antworten auf Ihre Fragen:

Wie stehen Sie persönlich zu dem kommenden Staatsschutzgesetz? Denken Sie, dass es in seiner derzeitigen Form ver­fas­sungs­kon­form ist?

Generell hat der Bun­des­prä­si­dent (nur) das ver­fas­sungs­kon­for­me Zustandekommen von Gesetzen zu prüfen (also ob alle Verfahrensvorschriften der Gesetzgebung eingehalten wurden). Der entsprechende Art 47 Abs. 1 B-VG lautet:

Artikel 47. (1) Das verfassungsmäßige Zustandekommen der Bundesgesetze wird durch den Bun­des­prä­si­den­ten beurkundet.

Ob der Bun­des­prä­si­dent darüber hinaus auch die Befugnis hat, bei offenkundigen materiellen Verfassungswidrigkeiten die Beurkundung zu verweigern, ist bei Verfassungsrechtlern umstritten. Der Bun­des­prä­si­dent kann, sofern ein Gesetz ver­fas­sungs­kon­form zustande gekommen ist, die Beurkundung aus rein inhaltlichen Gründen nicht verweigern. Was der Bun­des­prä­si­dent natürlich tun kann, ist im Zuge des Gesetzeswerdungsprozesses seine Stimme zu erheben, sei es öffentlich, sei es gegenüber der Bun­des­re­gie­rung hinter den Kulissen, und so seine Meinung äußern und Einfluss üben.

Was das Staatsschutzgesetz betrifft, so gibt es große Bedenken, ob dieses ver­fas­sungs­kon­form ist. Das wird vom Verfassungsgerichtshof zu klären sein. Eine entsprechende Klage wurde ja von zwei Parlamentsparteien bereits angekündigt.

Was sind Ihre Gedanken zur Vorratsdatenspeicherung? Was sagen Sie dazu, dass Politiker in Europa immer wieder die Einführung selbiger fordern, trotz widersprechender Urteile des EuGH?

Das Urteil des EuGH ist selbstverständlich einzuhalten.

Was ist Ihre Meinung zum Thema Netzneutralität?

Van der Bellen spricht sich für ein zensurfreies und neutrales Netz aus.

Ende letzten Jahres gab es viel Aufregung um die Aufhebung des sogenannten Safe Harbor Abkommens. Wie denken Sie generell über Datenschutz, be­zie­hungs­wei­se über die Weitergabe von persönlichen Daten?

Für Alexander Van der Bellen ist Transparenz sehr wichtig. Jede NutzerIn muss wissen, welche Daten über sie, wofür und wie lange gespeichert werden. Dafür bedarf es einer ausdrücklichen Zustimmung der NutzerInnen.

Immer mehr Firmen, und auch Ihre Kampagne, nutzen verstärkt, be­zie­hungs­wei­se fast ausschließlich, Facebook, um die Menschen zu erreichen. Ist dies Ihrer Meinung nach eine legitime Entwicklung, oder sollte es hier eine Di­ver­si­fi­zier­ung geben?

Alexander Van der Bellen ist die Wahrung der Privatsphäre ebenso wie der Datenschutz sehr wichtig. Eine wichtige Aufgabe eines Bun­des­prä­si­den­ten ist es, für die BürgerInnen erreichbar zu sein und mit den BürgerInnen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Facebook ist eine Möglichkeit, das relativ direkt zu tun, weil sehr, sehr viele Menschen dieses Netzwerk nutzen. Wenn es ein solches gäbe und von vielen genutzt würde, würde Van der Bellen bevorzugt ein Netzwerk nutzen, dass betreffend Datensammlung weniger problematisch ist.

MfG
Oliver Korschil
Team Van der Bellen

Persönlich muss ich sagen, dass ich mir etwas mehr erwartet hätte. Es ist schon klar, das die Position des Bun­des­prä­si­den­ten wenig tatsächliche Macht hat, aber eine deutliche Positionierung hat doch einiges an Wirkung. Es ist zwar schon interessant zu sehen, dass das Staatsschutzgesetz kritisch gesehen wird, bei den großen Themen Netzneutralität, Safe Harbor, und Vorratsdatenspeicherung gibt es allerdings nur All­ge­mein­flos­keln ohne auf die Frage wirklich einzugehen.

Bleibt abzuwarten, ob, wann, und wie die anderen Kandidaten reagieren werden.